Kinder sind auch Gäste


Binden Sie Ihre Kinder ein, dann haben Sie eine tolle Feier. Hört sich selbstverständlich an, doch Kinder sollen bei Hochzeiten, Jubiläen und ähnlichen formellen Feiern oft nur eines: ruhig sein und nicht stören. Kinder wollen jedoch auch gute Gäste und nicht abgeschoben sein. Lesen Sie hier einige Vorschläge, wie Sie die Kinder integrieren.

Gerade sitze ich hier am Tisch, gedankenversunken, ein Strauß Tulpen in gelb und rosa, schön dekoriert mit transparenter Tischdecke und Kerze, vor mir, die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel durch mein großes Fenster hinein. Im Radio sagen sie was von Traumhochzeit – diese Bilder habe ich gleich vor Augen. Herzlichen Glückwunsch auch an Kate zur Geburt ihres dritten Kindes, Louis Arthur Charles. Zwei Geschwister hat er, George und Charlotte. Da wird es auch in der royalen Familie ab und zu wild hergehen :-). Die drei Kleinen werden größer, sie werden an zeremoniellen Empfängen teilnehmen. Schon im Kindergarten gibt es dazu die ersten Umgangsformen und Tischmanieren zu lernen. Neben den Empfängen werden sie sicher – wie alle anderen Kinder auch – Gäste bei Geburtstagsfeiern, Jubiläen oder Hochzeiten sein. Eines haben sie gemeinsam: Sie sind Kinder mit eigenen Persönlichkeiten.

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Der Aperitif

Zurück zur Hochzeit: Eine wunderschöne Braut im romantischen weißen Hochzeitskleid, der Bräutigam elegant im Frack. Ein hübsches Paar, wie sie so am Sektempfang im Garten stehen, die Blumen blühen und die Sonne lacht mit ihnen um die Wette. Die Kinder, die meisten im Grundschulalter, einige schon in der Unterstufe, sind fröhlich. Sie begrüßen und beglückwünschen das Brautpaar formvollendet. Gut gemacht. Jetzt der Aperitif. Die Kinder bekommen ein Sektglas mit Orangensaft und halten es gekonnt am Stil. In diesem Kreis hat das Brautpaar als Gastgeber bestimmt schon am eigenen Glas genippt, da dürfen die Kinder auch gleich einen Schluck nehmen. Nun stehen die Erwachsenen in Grüppchen zusammen und unterhalten sich.

Was fühlen die Kinder?

Meine Gedanken wenden sich den Kindern zu: Wie fühlen die sich eigentlich auf solchen Feierlichkeiten? Ich bin kein Psychologe, doch meine Beobachtungen und Erfahrungen zeigen mir: Sie fühlen sich schnell gelangweilt, überfordert und abgeschoben: Ruhig sein, nicht auffallen, Fragen werden mit „nicht jetzt“ beantwortet usw. Was passiert? Viele werden „auffällig“, machen Quatsch oder werden frech. Liegt es nicht auch ein bisschen an uns Erwachsenen? Schon Adolph Freiherr von Knigge erkannte zu seiner Zeit im Umgang mit Kindern: „Lass Dich herab […] zu dem Tone, der ihnen nach ihrem Alter verständlich ist!“ (Zitat aus seinem Buch „Über den Umgang mit Menschen“, 1790, S. 135 im Nachdruck 2015)

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Kinderfreundliche Ideen

Wie können wir es besser machen, so dass sich auch die Kinder auf einer solchen Feier wohl fühlen? Hier lesen Sie einige persönliche Ideen, die selbstverständlich gerne im Kommentarfeld erweitert werden können:

  • Einbinden in den Smalltalk beim Aperitif – auch Kinder haben etwas zu erzählen.
  • Selbst einen Beitrag an die Hauptpersonen vorbereiten und präsentieren lassen
  • Einen Spielbereich einrichten, dazu Spiele, Bastel-und Malsachen etc. bereit stellen
  • Aus der Familie einen Teenie engagieren, der mit den Kindern spielt
  • Bei ausreichend Budget eine professionelle Kinderbetreuung engagieren
  • Kinderessen bei jedem Gang anbieten, falls die Kinder noch sehr jung sind
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Bloß kein Kindertisch

Der Aperitif ist beendet, jetzt geht es zur aufwändig, fein gedeckten Tafel. Selbstverständlich essen die Kinder bei Ihren Eltern bzw. neben den Erwachsenen am Tisch mit. Ich lehne einen separaten Kindertisch ab; aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sich Kinder dann ziemlich abgeschoben vorkommen – nicht gut genug, um bei den „Großen“ mitzuessen.

Ab dem Grundschulalter können Kinder schließlich ordentlich am Tisch sitzen, mit Besteck umgehen und geräuschlos essen und trinken. Die Kleinsten dürfen natürlich im Hochstuhl sitzen und sich bei Tisch auch mal „was erlauben“ ;-).

Mit Messer und Gabel essen

Bereits ab 3 Jahren können Kinder selbständig mit Löffel und Gabel essen, wie die Experten der BZgA in der Infografik dokumentieren. Sobald das Kind mit der Schere gut umgehen kann, ist es auch bereit, mit dem Messer das Essen zu schneiden. Bei meinen Kindern war das ab 5 Jahren der Fall, doch jedes Kind ist anders. Ich meine, ab 6 Jahren können alle Kinder selbständig mit Messer und Gabel essen.

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In diesem Alter leuchtet es den Kindern auch ein, das einmal berührte Besteck nicht mehr auf den Tisch zu legen. Schließlich entsteht so eine „Soßenbrücke“, über die die Soße wunderbar auf das Tischtuch wandert und dabei das ganze Messer verschmiert. Sollte es keine Soße geben, ist die „Ameisenbrücke“ sehr bildhaft: Die kleinen Tiere werden, angelockt vom Essensduft, das schräge Messer als Brücke benutzen…  Wie auch immer, am Ende versteht jedes Kind: Wenn ich fertig bin, lege ich das Besteck parallel auf meinen Teller.

Umgangsformen und Tischmanieren

Kürzlich hörte ich auf einer Veranstaltung eine Mutter sagen, ihr seien die üblichen Tischmanieren für ihre noch jungen Kinder gar nicht wichtig, nur rülpsen kann sie nicht haben! Ich denke hier anders: Schließlich prägen wir in jungen Jahren das Ess- und Trinkverhalten, genauso wie alle anderen Verhaltensweisen im Umgang miteinander auch. Und später kommen das erste geschäftliche Essen mit dem Chef oder das erste Date bestimmt. Da haben diejenigen einen großen Vorteil, die schon die grundlegenden Fertigkeiten und Verhaltensweisen unseres Kulturkreises am Tisch beherrschen. Denn schlechte Angewohnheiten lassen sich nur schwer wieder abgewöhnen, das wissen wir alle.

Bieten wir den Kindern also die Chance, sich in der Gesellschaft souverän zu verhalten, indem sie sich die respektvollen Umgangsformen und die üblichen Tischmanieren von uns abschauen. Da wir Eltern oftmals überzeugender wirken, wenn auch andere Personen dies erklären, gibt es am 30.06.18 eine gute Möglichkeit für alle Kinder von 8 – 12 Jahren: „Hilfe, ich bin eingeladen!“ Hier können die Kinder Umgangsformen und aktuelle Tischmanieren lernen und anwenden.

Ausgestattet mit den zeitgemäßen Umgangsformen und Tischmanieren, altersgerecht eingesetzt, werden Kinder in der Gesellschaft ihren Platz finden, nicht nur auf einer formellen Feier.

Ich freue mich, wenn Sie mir über Ihre Erfahrungen mit Kindern bei formellen Feiern und am Tisch berichten.

 

 

 

Der Frühling will begrüßt werden


Wir begrüßen den Frühling gerne mit großen und kleinen Ritualen. Mit einem Strauß bunter Tulpen oder einer betörend duftenden Hyazinthe auf dem Tisch, mit „Frühjahrsputz“ oder den ersten Frühlingsfesten. Ob der Frühling das so will, kann er uns nicht sagen. Wir aber wissen, dass ein Begrüßungsritual etwas mit Wertschätzung und Respekt zu tun hat. Ob ich dazu immer den Handschlag brauche?

Stimmt, der Handschlag gehört irgendwie zum „guten Benehmen“ in unserem Kulturkreis. Er drückt Respekt und Achtung vor dem anderen Menschen aus, er zeigt deutlich, dass die Kontaktaufnahme freundschaftlich und friedlich erfolgt.

Handschlag in der Geschichte

Schon die Ritter im Mittelalter gaben sich die rechte Hand, um ihre friedliche Absicht zu zeigen. Die linke Hand blieb sichtbar aus der Hosentasche: Ich habe keine Waffe. Alte römische Münzen zeigen den Händedruck als Zeichen von Eintracht und Gemeinschaft.

Quelle

Namaste

Anders, wenn man sich zum Beispiel in Südasien wie Indien oder Thailand begrüßt: Die Handflächen werden aneinander gelegt, mindestens auf Höhe der Brust. Verbunden mit dem vielleicht aus dem Yoga bekannten, gesprochenen Gruß „Namaste“ und einer leichten Verbeugung. Je höher die Hände, desto mehr Respekt wird dem Gegenüber entgegengebracht. Doch Achtung: Namaste ist nicht mit einem locker dahingeworfenen „Hallo“ zu vergleichen, es bedeutet frei übersetzt „Ich grüße das Göttliche in Dir“ und ist verbunden mit Hochachtung vor dem anderen Menschen.

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Ausnahmen

Doch zurück zum Handschlag. Wenn zwei sich treffen, können sie sich so gut begrüßen. Das geht nicht immer. Zum Beispiel ist es durchaus angebracht, wenn ich zu einer Gesellschaft von 12 Personen und mehr komme, die bereits rund um einen Tisch mit Gläsern und brennenden Kerzen sitzen, leicht auf den Tisch zu klopfen und einen freundlichen Gruß in die Runde zu sprechen. Wer will schon sein Getränk auf dem Schoß, weil er sich zum Gruß umdrehen bzw. aufstehen muss. Somit habe ich als Begrüßender den anderen ebenfalls Respekt gezeigt.

Auch wenn ich stark erkältet bin, empfiehlt es sich, die Hand genau aus diesem Grund nicht zum Gruß zu reichen. Der oder die zu Begrüßende wird es Ihnen danken. Diese Vorgehensweisen zählen übrigens zu den aktuellen „Knigge“ Umgangsformen.

Kinder und Jugendliche

Wenn sich Kinder in der Grundschule begrüßen, rufen sie sich meist ein einfaches „Hallo“ oder „Hi“ zu, oft respektvoll mit dem Namen des Begrüßten. Bei Jugendlichen gelten untereinander ganz eigene Regeln, die Erwachsenen manchmal seltsam anmuten. Komplizierte Kombinationen aus Handflächen, Faust, Ellenbogen und anderen Körperteilen. Die jungen Mädchen bevorzugen eher die freundschaftliche Umarmung.

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Ist das jetzt nicht im Sinne eines „guten Benehmens“? Selbstverständlich! Je nachdem, auf welche Leute und wo ich mich treffe – die Begrüßung sollte anlassgerecht, doch stets freundlich sein. Bei den Jugendlichen gilt: Je komplizierter oder inniger der Gruß, desto höher die Verbundenheit.

Angesagt bleibt der Handschlag immer, finde ich, wenn ich als Gast andere zu Hause besuche: Zur Begrüßung wie auch zur Verabschiedung, egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsene. Damit zeige ich Respekt und Dankbarkeit, in private Räume eintreten zu dürfen.

Bloß nicht

Was gar nicht geht, ist die Verweigerung der ausgestreckten Hand: Damit kränke ich meinen Mitmenschen zutiefst, der mir schließlich respektvoll begegnet. Würden wir denn auch die ersten Frühlingsboten ablehnen?

Welche Fragen beschäftigen Sie, wenn es um Begrüßung und Bekannt machen geht? Ich freue mich, wenn Sie mir schreiben.