Wie wir einen wertschätzenden Umgangston pflegen können
Queen Elisabeth die II machte in Ihrer Weihnachtsansprache deutlich, dass Respekt für andere Meinungen äußerst wichtig ist. Was können wir in der Familie, in unserem persönlichen Umfeld dazu tun, dass es ein respektvolles und damit wertschätzendes Miteinander gibt?
Verrohung der Sprache
Es gibt so Vieles, was uns aufhorchen lässt: Ein deutscher Bürgermeisters bestätigt in einem Interview, dass der Ton zwischen den politischen Kollegen oder im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürger rauer wird. Der Sprachwissenschaftler Thomas Niehr sprach im Herbst 2018 sogar von einer „Verrohung der politischen Sprache“, was zu einer regen Diskussion über die Wortwahl auch in der Gesellschaft führte. In manchen weiterführenden Schulen scheint ein schärferer Umgangston zu herrschen, in allen kommunikativen Situationen zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schüler, Eltern. Dies bemerke ich selbst zwischen den Elternteilen im Elternbeirat, in dem ich im dritten Jahr Mitglied bin.
Gründe
Wieso ist das so? Sind es die schlimmen Meldungen, die uns täglich über die Medien erreichen; über Krieg und Katastrophen? Ist es die innere Angst vor Terror, Gewalt oder sozialem Abstieg im eigenen Land? Ist es einfach Langeweile? Oder ist es doch der Einfluss der Computerspiele, der sozialen Medien oder des Internets generell? Diese Fragen kann ich nicht beantworten.
Gemeinsamkeiten finden
Was ich allerdings sagen kann: Respekt gegenüber anderen Meinungen und Ansichten sind ein elementarer Baustein für ein harmonisches Zusammenleben. Dies sieht auch Queen Elisabeth II so, mit rund 67 Jahren Führungserfahrung als Staatsoberhaupt und 92 Jahren Lebenserfahrung: „Wenn wir nach Antworten suchen in der modernen Zeit, bevorzuge ich erprobte und altbewährte Mittel: wie gut übereinander zu sprechen und verschiedene Meinungen zu respektieren, zusammenzukommen, um Gemeinsamkeiten zu finden und niemals das größere Bild aus den Augen zu verlieren.“ (Zitat aus dem Beitrag von n-tv.de, ghö vom 25.01.2019) .
Wenn ich mich selbst gleich stinkig verhalte, wenn ich einen anderen nicht von meiner Meinung überzeugen kann, dann muss ich mich über entsprechende Reaktionen nicht wundern. So kommt der Stein ins Rollen.
Adolph Freiherr Knigge
Knigge hatte schon zu seiner Zeit ein einfaches Rezept “ Lerne Widerspruch ertragen. Sei nicht kindisch eingenommen von Deinen Meinungen. Werde nicht hitzig noch grob im Zanke.“ (Adolph Freiherr von Knigge, Über den Umgang mit Menschen, 5. Auflage 2015 (3. Auflage 1790), S. 51, Nikol Verlag). Er wollte mit seinen Empfehlungen, die er aus seiner Lebenserfahrung zusammengetragen hat, die Menschen aus unterschiedlichen Ständen und Geschlechtern zu einem harmonischen, respektvollen Zusammenleben motivieren. Viele seiner Empfehlungen haben bis heute nichts an Aktualität verloren.
Praktische Umsetzung
Wie sollen diese wahren Worte in die Tat umgesetzt werden? Nun, in Schulen oder Unternehmen wäre es meiner Meinung nach hilfreich, sich zum Beispiel der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg zu nähern. Durch Seminare für Lehr- und Führungskräfte, ebenso wie für jeden Einzelnen. Ideal wäre ein Coach, der anschließend die Kommunikation im Alltag unterstützt. Selbstverständlich ist das auch eine Budgetfrage 😉
Kommunikationskarten
Um direkt an sich selbst zu arbeiten, habe ich mit Kommunikationskarten gute Erfahrungen gemacht. Ich habe mir die Karten für den „alltäglichen Sprachgebrauch“ von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf zugelegt (Keine Werbung, sondern reine persönliche Erfahrung!). Auf der einen Hälfte der Karte steht ein oft gebrauchter Satz, auf der anderen Hälfte eine bessere oder wertschätzendere Formulierung. Die Rückseite gibt eine Erklärung. Ich wähle eine Karte und stelle sie mir neben die Kaffeemaschine, um sie einige Tage zu sehen. Zum Beispiel zitiere ich folgende Karte: „Ich nehme diese Aufgabe in Angriff“. Besser „Ich beginne mit dieser Aufgabe“. Denn: „Angriff wirkt kriegerisch. Er ruft Verteidigung auf den Plan. Pflege bewusst eine friedliche Sprache.“
Bekannt ist auch „Das hast Du nicht schlecht gemacht.“ Statt besser „Das hast Du gut gemacht.“ Warum so negativ, wenn ich etwas Positives sagen will? Ich ertappe mich zu Hause oft im neutralen Ruf „Deck` bitte den Tisch“. Ja, wer denn? Selbstverständlich passiert erstmal nichts. Erst mit meiner vollen Aufmerksamkeit und der namentlichen Ansprache erreiche ich meine Kinder: „Georg, deck‘ bitte den Tisch“. Durch die Nutzung der Kommunikationskarten schärfe ich den Blick auf die Worte, die ich wähle, werde achtsamer in meinen Antworten und Reaktionen.
Weg mit den Schimpfwörtern
Kindern helfen die „einfachen“ Dinge, eine wertschätzende Sprache zu finden: Zum Beispiel um etwas bitten, sich für etwas zu bedanken oder zu entschuldigen, aufmerksam zu sein für seine Mitmenschen. Es kommt die Zeit, in der sind harte Ausdrücke und Schimpfwörter hipp – da hat sich bei mir der „Schimpfwortkoffer“ erprobt: Ein alter Koffer im Keller, in den alle Ausdrücke eingesperrt werden. Natürlich darf der dann nicht für die nächste Reise verwendet werden 😉 Bei größeren Kindern wirkt eine Kasse besser: Für jedes Schimpfwort 1 Euro vom Taschengeld hinein – das tut irgendwann weh. Selbstverständlich gilt das auch für die Erwachsenen 😉
Gehen wir respektvoll und freundlich miteinander um. Unsere Kinder lernen von unserem Vorbild – fangen wir noch heute damit an!
PS: Ich freue mich, wenn Sie mir über Ihre Erfahrungen in der alltäglichen Kommunikation berichten. Welche Empfehlungen geben Sie?